Die Gemeinden

Als Kolpinger aus Freren Boris Becker trafen

Freren/Cincinnati. Boris Becker ist am Mittwoch 50 Jahre alt geworden. Die ARD hat den runden Geburtstag von Deutschlands Tennis-Ikone zum Anlass genommen und ihm eine anderthalbstündige Reportage mit dem vielsagenden Titel „Der Spieler“ gewidmet. Darin taucht auch der Kolping-Ortsverband Freren für wenige Sekunden auf. Die Hintergründe einer schönen Randgeschichte.

 

Er streckte gleich drei Mal auf dem heiligen Rasen von Wimbledon die Siegertrophäe in die Luft, lieferte sich als Nummer 1 der Welt spektakuläre Matches mit seinem größten Konkurrenten, den US-Amerikaner John McEnroe, und ist trotz seines Rücktritts vor 18 Jahren für viele deutsche Tennis-Fans noch immer das Aushängeschild seiner Sportart. Boris Becker hat mit seiner sportlichen Karriere Eindruck hinterlassen. Am Mittwoch hat das Sportidol seinen 50. Geburtstag gefeiert.


Becker polarisiert

Doch Becker polarisiert auch. Was sich neben seiner Erfolge nämlich auch wie ein Kaugummi durch sein Leben zog: Skandale außerhalb des Tennis-Courts. „Besenkammer-Affäre“ 1999, Verurteilung wegen Steuerhinterziehung vor dem Münchener Landgericht 2002, und das Bekanntwerden seiner Privatinsolvenz in diesem Sommer sind nur drei von mehreren Tiefpunkten im achtbahnartigen Leben des sechsmaligen Grand-Slam-Gewinners.
2,31 Millionen Zuschauer

 

Beckers Leben wandert ständigen auf einem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Vermutlich dürfte dies auch der Grund sein, weshalb die ARD ihm am Montagabend anlässlich seines Geburtstages eine anderthalbstündige Reportage widmete. Die Zuschauerzahlen bestätigen das Interesse an der Person: 2,31 Millionen Menschen verfolgten die Dokumentation der Autoren Hans-Bruno Kammertöns und Michael Welch. Dass es am Ende nicht mehr waren, ist wohl auch dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen geschuldet – die Ausstrahlung begann somit erst gegen 22.20 Uhr.

 

 

Die besagte Szene aus der Dokumentation: Boris Becker (links) hält einen Plausch mit Heinrich Brinker, Heinz Brinker, Reinhard Magowsky und Franz-Josef Sasse vom Kolping Freren. Foto: Harry Talker

 

Frerener Transparent in Dokumentation

Heinz Brinker aus Freren hat die Dokumentation an diesem Abend verpasst, sie später aber umso aufmerksamer in der ARD-Mediathek geschaut. Und dabei dürfte er zwischenzeitlich von seinem Sofa aufgeschreckt sein – genauer gesagt dann, als er die Ausstrahlung bereits eine Stunde und 15 Sekunden verfolgte. Zu jenem Zeitpunkt nämlich präsentierte die ARD ein Foto, das Boris Becker kurz nach seinem Wimbledon-Sieg als Jungstar beim Fachsimpeln mit seinen Fans zeigt. Deutlich zu erkennen ist auf dem Bild auch ein Transparent mit dem Inhalt: „Kolping Freren/Germany grüßt Becker u. Schwaier.“ Letzterer, der deutlich weniger bekannte Tennis-Profi Hans Schwaier, ist auf dem Foto allerdings nicht zu sehen.


Tennisturnier in Cincinnati

Die Szene in der Dokumentation dauert lediglich fünf Sekunden. Doch Heinz Brinker dürften sie in diesem Moment wie eine Ewigkeit vorgekommen sein. Denn das Foto weckt alte Erinnerungen an eine seiner ersten Reisen, die er als 22-Jähriger gemeinsam mit seinem Vater Heinrich, dem damaligen Vorsitzenden des Kolping-Ortsverbandes Freren, und rund 20 weiteren Mitgliedern in die Staaten angetreten ist. Nach Amerika gab es damals wie heute Verbindungen zu den Kolpingern aus Cincinnati. Und eben jene Reise im Jahre 1985 haben die Besucher aus dem Emsland genutzt, um beim damaligen ATP-Turnier, das in der Stadt ausgetragen wurde und an dem auch Boris Becker teilnahm, vorbeizuschauen.

 

 

Die Erinnerungen hat Heinz Brinker in einem Album festgehalten. Foto: Partmann

 

 

Rückkehr nach Pressekonferenz

„Wir kamen damals in New York an und wurden unter anderem von der UNO empfangen, sind weiter nach Washington und später nach Cincinnati gereist“, erinnert sich Heinz Brinker zurück. „Als wir erfuhren, dass Boris Becker am 19. August 1985 gegen Shahar Perkiss spielen sollte, haben wir uns um Tickets gekümmert.“ Brinker und seine Mitfahrer waren an diesem Montag die einzigen Deutschen im Stadion – und Becker nahm sie wahr. Als „Bobbele“, wie er damals genannt wurde, zu ihnen stieß, berichtet Brinker, hätte er kaum Zeit gehabt. „Boris musste zur Pressekonferenz.“ Das Angebot, am Folgetag beim Training vorbeizuschauen, konnten die Emsländer nicht annehmen, denn die Weiterfahrt nach Buffalo stand an. Becker versprach daraufhin, nach der Pressekonferenz zurückzukommen. Und er hielt sein Wort.


Autogrammwünsche erfüllt

„Dass wir ihn dann tatsächlich noch einmal zu Gesicht bekamen, hat uns damals unheimlich stolz gemacht.“ Becker hatte gerade seinen ersten Titel in Wimbledon gewonnen und wurde über Nacht zum gefeierten Star einer ganzen Nation. Dass er sich für seine Gäste aus Freren trotzdem verpflichtet fühlte, rechneten ihm die Kolpinger hoch an. Becker erfüllte Autogrammwünsche und nahm sich Zeit für ein kurzes Foto – es sollte jene Szene sein, die 32 Jahre später in der Dokumentation der ARD auftauchen sollte. „In unserem Familienalbum ist das gleiche Bild, welches damals von Harry Talker aus Cincinnati aufgenommen wurde. Das Foto aus der Reportage ist wohl von einem Presse- oder Turnierfotografen geschossen worden, denn bei uns hat sich niemand von der ARD gemeldet“, erklärt Brinker. Neben Boris Becker sind auf der Aufnahme Heinrich Brinker, Heinz Brinker, Reinhard Magowsky und Franz-Josef Sasse zu sehen.

 

 

Das gemalte Transparent (unten) der Kolpinger aus Freren ist nicht nur auf der Privataufnahme (links) gut lesbar, sondern
auch in der ARD-Dokumentation. Foto: Brinker

 

Aufmerksamkeit der Medien

Die Reisegruppe aus Freren erregte bereits zum damaligen Zeitpunkt die Aufmerksamkeit der Medien: Abseits des Spielfeldes etwa gab der heutige Vorsitzende des Kolping-Ortsverbandes, Franz-Josef Sasse einem amerikanischen TV-Sender ein Interview. Auch ein Reporter der „Bild“-Zeitung traf die Deutschen zum Gespräch. Am nächsten Tag stand daraufhin ein kleiner Artikel in der Zeitung – „allerdings mit einem kleinen Fehler“, merkt Brinker an. Denn die Kolpinger aus dem Emsland mussten, anders als berichtet, ihren Aufenthalt nicht extra um einen Tag verlängern – weil Becker nach der Pressekonferenz zurückkehrte. Die Lingener Tagespost berichtete ebenfalls von dem Treffen.

 

Erneut im Rampenlicht

Dass das Foto 32 Jahre nach der Fahrt nun in einer Dokumentation erneut auftaucht, ist für Brinker der krönende Abschluss einer unvergesslichen Fahrt. Noch heute würden alle Mitfahrer von dem Aufenthalt schwärmen. Und wenn in Freren der Name Boris Becker fällt, denken sie nicht an einen der kleinen Skandale im Leben des Tennis-Idols, sondern an eine kurze Begegnung in Amerika, die es Jahrzehnte danach zum zweiten Mal ins Rampenlicht geschafft hat.

 

Text: Partmann, Lingener Tagespost